Vivienne M. by Moritz Gnann
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Vivienne M. – ‚Anonymous, 1803‘ EP zum Träumen und Nachdenken

Am 28. März veröffentlichte die 23-jährige Künstlerin Vivienne M. aus Berlin mit Anonymous, 1803 ihre erste EP. Mit ihrer Musik lässt sie Poesie und Musik gekonnt miteinander verschmelzen. So entsteht ein Gesamtkunstwerk, das zum Träumen und Nachdenken einlädt.

Gefühlvolle Ästhetik

„Mystisch, melancholisch und träumerisch“, so beschreibt Vivienne M. (bürgerlich Vivien Bosse) die Musik ihrer EP selbst. Treffender hätte ich es nicht formulieren können. Die Studentin der Kulturwissenschaft und deutschen Literatur versteht es einfach, mit Worten umzugehen. „Meine Passion ist die Musik und die Poesie“, sagt die 23-Jährige und ihre EP Anonymous, 1803 ist der Beweis dafür.

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Im Fokus steht der Gesang und wird meist von einer reduzierten Instrumentation untermalt. Viviennes Stimme gepaart mit einem anmutigen Klavier nebst Orgelbegleitung zieht den Hörer sofort in ihren Bann. Im Laufe der Songs treten ein Kontrabass, mehrstimmiger Gesang und eine wunderschöne Chorbegleitung hinzu, die den Hörer fortzutragen scheinen. Es ist fast so, als würde man sich auf einer Traumreise befinden, ja fast schwerelos sein.

Der Gesang ist ruhig und anmutig, die Melodien sind ausgefallen und werden immer wieder wunderschön aufgebrochen. Ihre Texte enthalten viele ästhetische Beschreibungen, die Landschaften, Vorgänge, Gefühle und Handlungen skizzieren. Diese sind meist abstrakt und in kurzen Sätzen gebündelt. Inspiration dafür zieht sie aus eigenen Erfahrungen, aber auch aus ihren Träumen. So lassen sich in ihren Texten Passagen finden, die einem Bild aus einem Traum entsprungen sind.

Obwohl die Sängerin ihre Musik selbst nicht als sonderlich metaphorisch empfindet, zeichnen sich vor meinem geistigen Auge eine Vielzahl von Bildern ab. Ich höre bewusst zu, denke über das Gesagte nach. Durch die kurzen und perfekt getroffenen Beschreibungen kann ich fühlen, worüber Vivienne M. singt. Manches kann ich schnell zuordnen und Manches wiederum dauert seine Zeit. Tatsächlich höre ich die EP mehr als einmal, um alle Eindrücke einzufangen. Mit einer Länge von knapp 10 Minuten eignet sie sich wunderbar zum mehrmals Anhören.

Die EP vereint Glückliches und Trauriges

Trotz der kurzen Länge der EP dauerte der Entstehungsprozess von Anonymous, 1803 mehrere Jahre. „Der Titel der EP ist mir schon vor drei Jahren gekommen. Zu der Zeit bin ich gerade nach Berlin gezogen und bin viel gependelt. Das war eine stressige Zeit und ich hatte ein Gefühl der Heimatlosigkeit, weil ich mich in Berlin noch gar nicht eingefunden hatte. Ein Gefühl, dass ich zwischen den Ebenen treibe und mich gar nicht mehr in meinem Körper befinde. Sondern nur noch von außen zuschaue“, sagt Vivienne M.. Diesen Zustand beschreibt sie in Nachtwächterin, dem zweiten Track der EP.

Nachdem der Titel und der erste Song standen, folgte eine längere Phase der Uninspiriertheit. „Alles, was mir über den Weg lief, brachte mir nicht den Funken, den ich gebraucht habe“, sagt sie über diese Zeit. Die Wendung kam schließlich durch das Entdecken der Band King Gizzard & The Lizard Wizard. Durch sie fand Vivienne M. die nötige Inspiration, um weiter an ihrer Musik zu arbeiten. So entstand Omen Omen. „Der Song ist eine Ode an die Musik und die Leidenschaft. Thematisiert werden hier die guten und schlechten Omen.“

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Der Kontrast von positiven und negativen Aspekten ist in der EP häufig zu hören – sowohl musikalisch als auch textlich. „In meiner Poesie tritt oft das Phänomen auf, dass sie nicht gradlinig ist. Es ist immer ein Verbund von glücklichen und traurigen Dingen“, sagt sie.

Das Zusammenspiel der beiden Emotionen lässt sich auf den letzten beiden Songs der EP deutlich heraushören. Der musikalische Fokus bei Omen Omen (Der Zauberer des Südens) liegt auf lang gezogenen Streichern, die in Kombination mit dem Klavier ein unbehagliches Gefühl erzeugen. Die Melodie wird von einer Vielzahl von Stimmen getragen, die sich fast choralartig durch das Stück ziehen.

Der letzte Song Omen Omen (Die Traumsuche) besticht ebenfalls durch die Stimmvielfalt, die Instrumentation ist jedoch deutlich reduzierter gehalten. Die zuvor angespannte Stimmung wird aufgelockert, das Stück klingt dadurch wieder etwas hoffnungsvoller. Nach der Hälfte erklingt das Motiv des vorherigen Songs, eine Stimme ruft aus der Ferne und die EP endet.

Für die Zukunft plant Vivienne M. weitere Veröffentlichungen mit dem Produzenten mono 030, mit dem sie bereits für Anonymous, 1803 zusammenarbeitete. Hier soll es eher in die R’n’B Richtung gehen, doch stilistisch möchte sich die Sängerin weiter ausprobieren. So wird die nächste EP im Stil des Bedroom Swing sein. Parallel wird außerdem an einem Album gearbeitet. Am 20. April veröffentlicht Vivienne M. ein Musikvideo zu einem weiteren musikalischen Projekt. Wir dürfen uns also auf eine Menge Material freuen. Alle Infos rund um Vivienne M. findet ihr auf Spotify, YouTube und Instagram.

Mir bleibt am Ende nur noch zu sagen, dass ich von der EP dieser jungen Künstlerin mehr als begeistert bin. Die Texte sind sehr schön und anschaulich geschrieben. Sie regen zum Nachdenken, aber auch Träumen an. Die Musik drängt sich nie zu sehr in den Vordergrund, sondern untermalt das Gesagte galant. Es ist fast ein bisschen schade, dass die EP so kurz ist. Aber dafür bleibt uns genug Zeit, um Anonymous, 1803 noch viele Male zu hören.

Fotocredits: Moritz Gnann (Titelbild), Vivien Bosse (Albumcover)

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