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Rückblick ELBJAZZ Festival 2019

Das ELBJAZZ Festival 2019 zeichnete sich durch gutes Wetter und viele Acts aus, die neben dem klassischen Jazz neue Wind in das Festival bringen. Die neun Bühnen waren durchweg gut besucht. Musicspots hat sich dieses Jahr mehr den Künstlern gewidmet die Soul, HipHop und ein wenig Indie-Pop auf das Elbjazz Festival gebracht haben. Ein Rückblick über zwei Tage zwischen Elbe und Hamburger Hafen.

Chillige Sounds unter Deck

Den Start des ELBJAZZ Festivals machte das persönliche Treffen mit Benny Sings am Freitagnachmittag. Der Niederländer freute sich nach längerer Zeit wieder in Hamburg aufzutreten. „Ich bin dem Jazz immer sehr zugetan und fühle mich dem klassischen Jazz mit seine vielen Facetten näher als dem Pop“, sagt Benny Sings auf meine Frage, wie denn seine Verbindung zum ELBJAZZ Festival und dem klassischen sei. Mit seinem Wechsel zu Stones Throw Records spricht er nun ein größeres Publikum an. Seinem Sound ist er jedoch treu geblieben, wie er bei dem Konzert abends auf der MS Stubnitz unter Beweis stellt. Der Bauch des alten Schiffs ist gut gefüllt. Sein Sound vom aktuelle Album City Pop mit der richtigen Portion Soul, Funk und einer Brise Jazz kommt gut an.

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Aktuell arbeitet der Musiker schon wieder am nächsten Album. Ob er denn selber zufrieden mit Gig sei, frag ich noch, wir Benny Sings zufällig auf dem Weg von Deck treffen. „Great show, hope to play soon in Hamburg again“, erwidert Benny Sings beim verlassen des Schiffes. Auf unsere Nachfrage nach dem Arrangement des letzten Song, schmunzelt er. Hier hatten sie ein längeres Ende geplant, der Song konnte aber aufgrund des engen Zeitplans der Festivalorganisation nicht ganz ausgespielt werden. Schade, aber das Konzert war auch so eine runde Show. Wer was Neues von Benny Sings hören mag, sollte der neuen Single von Tuxedo lauschen. Denn es gibt wieder eine neue Zusammenarbeit mit Mayer Hawthorne für sein Bandprojekt Tuxedo: Toast 2 us zeigt nochmal deutlich den Groove, den ich bei Benny Sings so schätze.

Newcomer auf der Elbe entdeckt

Nach einer kurzen Pause an Deck des alten Militärschiffs, das seit längerem als Veranstaltungslocation im alten Baakenhafen liegt, geht es unter Deck weiter. Von Kaiit wird man sicher noch einiges hören. Die junge Australierin ist so sweet und so authentisch, dass ich sofort verzaubert bin. Gut gelaunt betritt sie in Imkerhut, Hemd und Militärhose die Bühne. Begleitet wird sie von ihrer unfassbaren Band mit dem grossartigen Backgroundsänger. Alle haben Spaß, vor und auf der Bühne. Mitmachen und Mitsingen. Spätestens bei der Performance ihrer neuen Single Miss Shiney und ihrem Hit Natural Woman, sind wir alle von dem souligen HipHop Sound der jungen Künstlerin gefangen und lassen mit Kaiit den ersten Festivaltag ausklingen.

 ELBJAZZ 2019 mit jeder Menge Sonne

Nachdem der diesjährigen Hauptact Jamie Cullum auf dem Blohm + Voss Gelände am Vorabend leider nicht live erlebt wurde, stehen für den zweiten Tag keine weiteren großen Sprünge über die Elbe. Das Blohm + Voss Gelänge hat mit seinen drei Bühnen ausreichend Action zu bieten. Also pünktlich rüber zu den Bühnen mit den Krähnen. Der schnellste Weg führt durch den Elbtunnel. Hier kann man noch mal die kühle Luft unterhalb der Elbe mitnehmen, bevor es auf der anderen Seite herrlich sonnig wird.

TOYTOY rejazzed Hamburg HipHop

Der erste Act des Tages ist ToyToy mit ihrem Bambule [Rejazzed] Programm. Unter strahlend blauen Himmel füllte sich der Platz vor der Mainstage nicht nur schnell, ebenso schnell ist klar: Hinsetzen und chillen ist nicht möglich. Hier heisst es eher Kopfnicken, Mitwippen und Mitsingen. Die Jungs haben zwar keine Gesangsverstärkung dabei, aber wo bitte gibt es einen so funkig rappenden Drummer wie bei hier? ToyToy sind mit ihrem rejazzed Programm gerade quer durch Deutschland unterwegs. Für alle die modernen Jazz mögen ein Pflichtkonzert.

Zum späten Nachmittag hin, war das Blohm + Voss Gelände gut besucht. Manu Katché und Jungle by Night konnte daher nur von fern gelauscht werden. Der Auftritt von Sophie Hunger startete aufgrund Soundproblemen etwas verspätet. Verzeihlich denke ich. Die entstehende Unruhe und der deutliche Unmut einiger Gäste nach 5 Minuten Verzug, war wirklich unnötig. Schade, naja, vielleicht gab es aber einen knappen Anschluss zum nächsten Elphi Konzert.

Die Taktung zwischen den Konzerten war auch am zweiten Tag eng und man musste sich frühzeitig entscheiden. Dies wurde spätestens jetzt wirklich allen bewusst: So fanden teilweise gar keine Gästewechsel merh zwischen den Bühnen statt. Wer sich einen guten Platz für den nächsten Künstler sichern wollte, blieb einfach vor der Bühne stehen. Die ELBJAZZ App meldete beständig Einlassstopps in der Schiffbauerhalle und die Schlangen an den leckeren Essenständen wurde länger.

60´s Soul aus London

Gut besucht, energiegeladen und voller Emotionen war der Auftritt von J.P. Bimeni. In Begleitung der unfassbar gut groovenden Band The Black Belts spielte aus Burundi stammende Sänger fast alle Songs seines aktuellen Albums. J.P. Bimeni war für mich als 60´s Soul Liebhaberin natürlich das Highlight des Festivals und ich kann nochmal mit absoluter Überzeugung sagen: Wow, hier vereint sich wirklich die Stimme von Otis Redding charmant mit der Seele Afrikas. J.P. Bimeni bringt alles von tiefem Schmerz, Freunde und wahre Leidenschaft in seinen Songs unter und macht sie erlebbar. Sein aktuelles Album Free Me gehört bereits zu den Entdeckungen des Jahres.

Den Abschluss des ELBJAZZ machten Kokoroko. Auch wieder eine Band aus London, der Stadt, in der sich die junge Jazzszene gerade experimentell austobt. Zwischen Freejazz und Afrobeat bringen Kokoroko stimmungsvolle Rhythmen. Kokoroko bringen die Gäste in der vollen Schiffsbauerhalle noch mal ordentlich zum Mitgrooven. Leider wird auch diesem letzten Act auf dem Blohm +Voss Gelände keine Zugabe gegönnt. Das Publikum klatschte begeistert mehrere Minuten bis die Bühnenhelfer kommentarlos mit dem Abbau beginnen. Schade, als Dank für die MusikerInnen finde ich sollte eine Zugabe – zumal zum Ende des Festivals – doch trotz zeitlich knappen Plan möglich sein, oder?

Der skeptische Blick neben die Bühnen

Das ELBJAZZ Festival 2019 vom 31. Mai bis 01. Juni 2019 war rundum grossartiges Event. Bereits jetzt freue ich mich auf das kommende Jahr. Wie immer ist es so, dass man nicht alle Acts sehen kann. Oft finden Konzerte parallel statt, die Stages sind zu weit voneinander entfernt oder die Bühnen bereits zu voll. All dies sind bekannte und wiederkehrende Herausforderungen für Festivalveranstalter und -besucher. Klar, kann auch das Wetter, wie im vergangenen Jahr, allen Planungen einen Strich durch die Rechnung machen. Umso besser, wenn es wie dieses Jahr sonnig und gut besucht ist. Doch stetige Andrang an allen Bühnen schreit nach ein wenig Optimierung. Der Fährverkehr wurde bereits am Freitag mehr als gut genutzt und der Weg durch den Elbtunnel ist und bleibt die beste Alternative für alle, die gut zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Leider ist auch das Thema Umweltschutz nur teilweise positiv umgesetzt wurden. Die schicken ELBJAZZ Becher aus Plastik (ob recycelt oder nicht), sind für mich keine gute Lösung. Einige Festivals bieten bereits umweltschonende Pfandbecher oder gar Mehrweg Flaschen an, die vor Ort erworben werden können. Der Trend zu weniger Müll auf Musikfestivals wird angenommen.

Neben der fehlenden Möglichkeit für spontane Zugabe, fehlten mir ab und an Sänger und Sängerinnen auf den Bühnen. Die zahlreichen instrumentalen Darbietungen, zeugten zwar vom Können der tollen Bigband, ich persönliche freue mich aber ab und an über eine starke Stimme. Da mit Acts wie Kaiit, Fieh und Sophie Hunger, The Savage Rose, Altin Gün, Teressa Bergmann und Julia Hülsmann ein guter Teil des Line-ups weiblich war, fällt dieser kritische Blick positv aus. Und wer bis zum Schluss blieb sah deutlich: Kokorokos Bläsergruppe besteht ausschließlich aus weiblichen Musikerinnen. Bandchefin und Trompeterin Sheila Maurice-Grey zeigte ja deutlich, wie gut das klingt.

Vorfreude auf ELBJAZZ 2020

Verpasst habe ich leider auch viele der beachtenswerten Acts auf der Young Talents Bühne vor der Elbphilarmonie. Fans des deutschsprachigen Soulpop lege ich das Konzert von Phil Siemers am 28.06.19 im Birdland ans Herz mit der Soulounge auftreten. Wer auf Soulpop steht, der sollte sich schnell ein Ticket sichern.

Bei allen kritischen Blicken auf das diesjährige ELBJAZZ Festival, bleibt am Ende doch das wunderbare Gefühl mit jeder Menge guter Musik unter den Krähnen Hamburgs Hafenlandschaft zwei Tage verbracht zu haben, auf die man sich bereits wieder freuen kann. Der Ticketverkauf für das ELBJAZZ Festival 2020 hat bereits begonnen. Wir sehen uns unten den Krähnen bei Blohm + Voss, an der Elbe oder in der Elbphilarmonie im kommenden Jahr mit ganz viel Jazz, Soul und Funk in den Ohren.

Fotocredit: Alle Bilder des Artikels sind von Musicspots im Rahmen des ELBJAZZ Festival 2019 entstanden und geschützt.

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