Der zweite Tag auf dem Reeperbahnfestival bestach durch das schöne Herbstwetter. Zusammen mit überraschenden Livekonzerten, die nicht ganz oben auf der Must-See-Liste standen, war es ein runder schöner Abend. Es zeigte sich wieder: Gemeinsam mit guten Freunden macht Musik noch mehr Spaß.
Los ging es am Festival Donnerstag in der Sonne. Zum Set von Alice Merton sammelten sich bereits die Massen am NJoy Reeperbus. Alice Merton ist wirklich ein Stimmwunder. Ich persönlich fand ihr kleines Akustik-Set noch schöner, aber auch unter freiem Himmel klangen ihre Songs super und später im Docks hat sie wohl auch überzeugen können. Und da die Bierbänke so herrlich zum Verweilen einluden, gab es bei Eistee einen Plausch über einen anstehenden Hamburger Record-Release und die Herausforderungen im Musikbusiness
Hallo Reeperbahn – Hallo Leben
Neben den Künstlern auf der Bühne trifft man auf dem Reeperbahnfestival auch Hamburger Musiker*innen und Bands, die nicht im Programm stehen. Besonders für Newcomer bietet das Festival die beste Möglichkeit, Kontakte zu knüpften, Fragen zu stellen, oder an den Konferenz-Workshops teilzunehmen. Mit unter den Gästen: Fräulein Frey – die Singer & Songwriterin hat ihr erstes Album „Hallo Leben“ fertig. Am 11. November ist das Release Konzert im Kukuun. Das erste Video zum Albumtitel ist bereits raus, der Karten-Verkauf gestartet. Frischer Deutschpop mit einer gesunden Prise Rock für Freunde von Judith Holofernes, Anna Deepenbusch, Rio Reiser. Wieder ein Musik-Tipp, den ich gerne weitergebe.
Crazy Guest from Canada
Im Kukuun wurden, wie im vergangene Jahr, wieder die kanadischen Acts präsentiert. Leider habe ich meine persönlichen Favoriten SATE und Illvibe (HipHop) verpasst, meine Vorstellung der beiden Acts wird aber noch nachgeholt. Denn mit SATE gab es bereits bei der „Welcome to Canada House“-Veranstaltung von der Canadian Independent Music Association (CIMA) einen ersten Austausch. Die Lady ist wirklich beeindruckend, ihr Sound laut und mächtig. Auch wieder einer dieser Reeperbahn-Festival-Momente, die es nur einmal gibt.
From Soul to Soul über Rock zu Pop
Und wieder zeigte sich, dass es gar nicht so einfach ist, bei der Vielfalt des Programms den richten Start in den Konzertabend zu finden. Soul sollte es sein. Also hin den Nochtspeicher. Leider fast zu spät. Die letzten beiden Songs von Nilüfer Yanya überzeugen aber direkt. Gänsehaut macht sich breit und der Gig ist viel zu schnell zu Ende. Der sanfte Klang der Stimme der zierlichen Sängerin mit der scheinbar viel zu großen Gitarre wird mich auf jeden Fall weiter begleiten.
Weiter gehts zurück zur Reeperbahn, mit Stopp am Hamburg House im St. Pauli Museum. Eine neue Location, die so niedlich ist, dass man sie nicht als Festival Location wahrnimmt. Wäre da nicht der Andrang an der Tür. Kurz rein, ein Hallo zu bekannten Gesichtern, eigentlich wollte man ja weiter. Doch, wenn man an der Tür den nächsten Act trifft, muss man bleiben. Dede zeigt, wie minimalistisch man Soul in Perfektion umsetzen kann. Eine weitere tolle Stimme, die den Abend abrundet.
Gitarren-Rock und ordentlich Hüftschwung
Nun genug der sanften Klänge. Ich werde ins Docks gezerrt. Was steht an? Irgendwas Rockiges. Die Klänge von Welshly Arms durchströmen die dicht gefüllte Location. Der Song The Touch erklingt und die Menge reißt die Arme hoch. Eine klasse Show. Nein, nichts, was ich mir in die Musicspots Sammlung lege, aber live ein echtes Erlebnis. Und auch das ist Reeperbahnfestival. Mal über den eigenen musikalischen Tellerrand hinaushören und sich treiben lassen. Doch nach zwei gitarrenlastigen Stücken geht es weiter. Raus aus der Tür, links rum und hoch ins Häkken. Das ist das Tolle am Clubhaus St. Pauli. Alles in drei vier Schritten erreichbar. ShyLuv bringen mit ordentlich Hüftschwung gute Laune ins Publikum. Die Gäste hopsen vor der Bühne. Fröhlicher Indie-Mainstream-Pop von einer Bandformation, die auf den ersten Blick zu jung aussieht, um bereits auf Tour zu gehen. Doch die Jungs zeigen, wie es geht. Gutes Set, gute Laune und weiter geht´s.
Frauenpower ohne Zickenalarm
Nächster Stopp ist der Bahnhof St. Pauli. The Aces spielen. Eine klassische Bandbesetzung mit Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang. Mehrstimmig, im Einklang und im Takt. Ja, da geht was. Erinnert in Teilen an die Bangles. Ein wenig auch an die Band zum Film Bandits mit Katja Riemann. Mir ist das zu glatt, zu vorhersehbar. Sauberer amerikanischer Pop. Kein rosa Teenie-Pop, aber ohne hörbare Ecken und Kanten. Ich denke dennoch, von den Ladies wird man noch was hören. Mal schauen, was nach dem ersten Album kommt.
Dann gibt es noch mal einen kurzen Besuch auf dem Hamburger Berg, wo gerade Maybe Canada in der Poca Bar auftritt. Ein wenig ruhige Musik zum Abschluss tut gut.
Und dann meldet sich der Magen. Die Füße wollen ruhen. Es gibt noch einen Drink und Soulfood auf der Reeperbahn-Meile, denn die Foodtrucks bieten für jeden Geschmack den passenden Happen. Und auch, wenn der Abend noch lange nicht vorbei ist, so muss ich ab hier passen. Denn es gibt ja eigentlich noch zwei weitere Festival-Tage. …
Die Reeperbahn Festival Review Teil 3: Diversity & Networking folgt in den kommenden Tagen. Mehr Livemusik vom Festival gab es bereits am ersten Tag. Hier geht es zur Review Teil 1: Live Music.
Fotocredite: Reeperbahn Festival Village by Dario Dumancic. Alle weiteren Bilder by Musicspots.
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