Mit ihrem neuen Album Session Tapes 3: Geschichten vom Ende der Welt, bringt die Hamburger Musikerin Puder ein für mich besonderes Werk heraus. In nur 12 Tagen hat Catharina Boutari aka Puder fünf Songs das Leben geschenkt. Songs, die so bewegend klingen, dass ich sie gern in Dauerschleife höre und Liebhabern besonderer Popmusik wärmstens empfehlen möchte.
Miteinander – eine Mischung aus Gefühl und Wissen
Ich durfte während der Entstehung der Session Tapes 3 immer mal wieder hinter die Kulissen schauen, lauschen und auch bei den Aufnahmen im Studio dabei sein. Es war wie die Erfüllung eines Traums. Ich bin der Antwort auf die Frage: Wie entsteht Musik“ näher gekommen. Sicher, die Produktion der Session Tapes ist nicht der „übliche“ Weg einer Albumproduktion. Aber was ist üblich? Was ist die Norm? Braucht es in der Musik Normen und feste Vorgaben, um so schöne Songs entstehen zu lassen?
Sicher ist: Die kreative Energie die ich hier gespürt habe, das Miteinander der Musiker, das zu einem klangvollem Ergebnis geführt hat, ist etwas Besonderes. Diese Mischung aus Fachwissen, Feingefühl, Reden, Lachen, Konzentration und Perfektion, ist in jedem Song zu spüren. Noch heute rückblickend vier Monate später habe ich eine Gänsehaut, wenn ich an die Besuche im Studio zurückdenke und dabei die Songs höre.
Mäuschen beim Songwriting
Mitte Oktober 2018, die erste Hürde des Crowdfundings ist geschafft. Ich darf Catharina Boutari aka Puder im 106 Hertz Studio in Hamburg Barmbek beim Songwriting besuchen. Seit drei Tagen bastelt sie mit Tom Gatza an den ersten Arrangements. Heute auch dabei: Gregor Hennig, der auch als Produzent der Session Tapes 1 + 2 dabei war. Diesmal an seiner Seite, die Harpiye, ein von Instrumentenbauer Frank Piesek gefertigte Harfe mit nur drei Akkorden.
Die drei Musiker sind bei meinem Eintreffen bereits voll in ihrem Element. Die Kreativität ist spürbar. Ich erinnere mich zurück an die wilden Jamsessions der Bigband, in der Schule, bei der zweitweise Percussions gespielt habe. Hier wird Musik wirklich zu Kunst. Ich darf mich mucksmäuschenstill hinter das Schlagzeug setzen. Ich versuche mit der Wand zu verschmelzen, unsichtbar zu werden und lausche.
Musik entsteht vorsichtig
Tom Gatza wechselt zwischen Piano, Drumcomputer und Gitarre. Catharina singt einzelne Zeilen Text, greift zur Gitarre, dann zum Stift. Das Handy auf Aufnahme parat, um die ersten Ideen festzuhalten. Gregor experimentiert an der Harpyie. Drei Seiten, unzählige Akkorde, es klingt als wäre dieses Instrument nicht von dieser Welt. Die Fragmente werden wiederholt, schneller gespielt, andere Akkorde ausprobiert. Es wird verworfen und neu angefangen. „Spiel mal ein FIS, nein, doch nicht, oder warte mal, war doch gut.“ Ich höre die ersten Klänge von Still be Here, ohne zu wissen, dass dieser Song einer meiner Favoriten sein wird. Ich schließe die Augen und genieße das Drumherum. Ob es langweilig ist, keine vollständigen Songs zu hören, fragt mich Catharina später. Langweilig? Wie bitte? Was? Auf keinen Fall. Ich kann nur noch mal betonen. Jede Minute im Studio war ein Geschenk.
Nachmittags geht plötzlich die Studiotür auf und Roman Schaible schiebt sich vorsichtig hinein. Mit dabei seine Kameraausrüstung, Roman, der als as Regisseur für u.a. Fünf Sterne und Samy Deluxe Videos produziert hat, nimmt sich hier wieder die Zeit für ein Herzensprojekt. Bereits die ersten beiden Puder Session Tapes hat er filmisch begleitet. Gutgelaunt, mit Blick für Details und das große Ganze, bewegt er sich zielsicher durch das kreative Chaos und nimmt die erste Szenen für den Film auf.
Szenenwechsel – Endprobe Puder Session Tapes 3
Sechs Tage später im Rekorder Studio in St. Pauli. Alle Musiker, die bei diesen Session Tapes beteiligt sind, sind anwesend: Zu Catharina, Tom und Gregor haben sich Hanna Jaeger (Gesang), Max Schneider (Schlagzeug), Doro Offermann und Tim Rodig an Saxofon und Klarinette gesellt. Zusätzlich an der Studiotür, eine kleine Gruppe Zuhörer, die sich den Besuch der Endprobe über das Crowdfunding ermöglicht haben.
„Die Schlagzeug-Parts haben wir gestern noch finalisiert. Max ist grossartig. Gemeinsam mit Gregor hat er dem Instrumentensetting einen Handfeger und ein Küchensieb hinzugefügt“, begrüsst mich Catharina. Klingt einleuchtend. Ich erinnere mich, wie Gregor und Tom vor einigen Tagen einen besonders sanften Sound gesucht haben. Eine Art Streichen und etwas sanft kratzendes. Küchensieb und Handfeger, was sonst.
Der Handfeger gibt der ersten Single Nackt ihren besonderen Sound. Das Schlagzeug, so sanft, rhythmisch zum Klavier und der Stimme von Catharina. Ein Aufruf zum Innehalten, zum Zurückblicken. Verletzlich, geträumt. Wunderschöne Bläser, die Harpyie mit ihrem zerrenden Klang und einem Ende, dass irgendwie alles offen lässt. Nackt ist einfach ein tolles Stück und erhält mit dem Video, wieder von Roman Schaible gedreht, einen besonderen Platz in meiner Sammlung.
Nach einer Pause stimmt Catharina mit Hanna Jäger zum ersten Mal die Klänge von Haus im Wald an. Schon der spannungsgeladene Aufbau des Songs und der Einsatz der Instrumente halten mich auch Wochen später wieder gefangen. „Komm wir gehen zum Haus im Wald und schlafen friedlich ein“, sing Puder lockend. Doch dieses Haus baut sich düster vor mir auf. Ja, eine Märchenwelt, aber ist es wirklich ein gutes Ende, das da erwartet wird?
Sicher ist bereits bei der Endprobe, das Puder es wieder geschafft hat in nur 12 Tagen Musik zu erschaffen, die so wunderbar ist, dass ich sie kaum in Worte fassen kann. Man muss sie hören, spüren, mitsummen. Ein Sound mal geheimnisvoll, mal verspielt. Texte zwischen schmeichelndem und forderndem Ton in Englisch und Deutsch. Catharina Boutari aka Puder hat wieder ihr Können und ihre Erfahrung aus der Theaterwelt ins Studio gebracht. Mit Tom Gatza sind Komposition zwischen dem Leben der Amelie, Jenseits der Stille und einem düsteren Märchenfilm entstanden. Ich könnte stundenlang lauschen. Die Texte klingen ernst, nachdenklich und verträumt.
Ruhe — Aufregung — Aufnahme
Am nächsten Tag ist es dann soweit: Die Aufnahmen der Puder Session Tages 3 in den Rekorder Studios. Die Gäste dürfen mit Funkkopfhörern zwischen den Musikern sitzen. Mucksmäuschenstill, und gespannt hocken wir da und lauschen den Songs und den Ansagen aus dem Studio. Die Songs werden als Ganzes aufgenommen. Jeder Ton muss sitzen. Während die Musiker spielen, fällt es fast schwer Luft zu holen. Bei Buddy dürfen wir am Ende den Chor einsingen, auch den natürlich live und nicht extra. Alles xkommt zusammen. So klingt Musik.
Nie wieder anders
„Danke und Atmen“, sagt Catharina und wir klatschen begeistert. Es ist ein großer Applaus, um uns herum begeisterte Gesichter. Die Energie ist spürbar. Das gemeinsame Erleben vom Entstehen etwas Besonderem. Catharina strahlt in die Runde. Gemeinsam stoßen wir an. Gäste und Musiker vermischen sich. Gregor Hennig, Tom Gatza, Hanna Jäger, Max Schneider, Doro Offermann und Tim Rodig, sie alle haben ihren Part an den Puder Sessions 3: Geschichten vom Ende der Welt. Fünf Songs, die mehr sind als nur Popmusik. Ich höre Rock, Blues, Jazz. Es sind Songs über uns, für uns, über das Ende der Welt und auch wieder nicht. Musik, die man gehört haben muss.
„Nie wieder anders“, sagt Catherina auf die Frage, wie für sie die Aufnahmen und der gesamte Schaffensprozess war. „Ich möchte nie wieder anders Musik machen.“ Genau das hoffe ich auch.
Das Album erhaltet ihr ab sofort im Plattenladen eures Vertrauens oder über die bekannten Online Plattformen.
Hier für euch nochmal der großartige Dokumentarfilm von Roman Schaible an.
Live erleben könnt ihr Puder an folgenden Terminen:
16.03.19 Hamburg, Hebebühne
14.04.19 Basthorst, Gut Basthorst
26.04.19 Amsterdam, Session Tapes 4 – Liverecordings
25.05.19 Gummersbach, Gaststätte Jäger
17. oder 24.08.19 Hamburg, Waldinselbühne
Mehr Informationen zu Puder erhaltet ihr über ihre Homepage, die Facebook-Fanpage und Instagram.Videos und Musik findet ihr auch auf Spotify, Bandcamp und natürlich Youtube.
Fotocredit: Puder by Annemone Taake, weitere Bilder sind von Steffen Schindler und Musicspots im Rahmen der Session Tapes entstanden.
Pingback: Janina rockt Hamburg und die Welt - Musicspots
Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.