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Joy Denalane – ein Konzert über Loslassen und Zurückblicken

Eine Albumpräsentation oder eine Reise durch mehr als zwei Jahrzehnte Musik? Beim Konzert von Joy Denalane konnten Fans gleich beides erleben. Die Musikerin gab in einer fast zweistündigen Show im Hamburger Mojo Club eine Vorstellung, die generationsübergreifend begeisterte.

Im neuen Album Willpower geht es ums Loslassen. Joy Denalane musste sich von ihrem Vater verabschieden und ihre Söhne haben das Haus verlassen. Keine leichte Zeit für die Musikerin. Dieses Verlassen-werden und Loslassen-müssen hat sie in elf wunderbare Stücke gepackt. Die neuen Songs klingen live noch lebendiger als in der groß angelegten und gut durchdachten Produktion. By Heart und Good Times Better zählten von Anfang an zu meinen Favoriten auf dem Album. Durch die Live-Darbietung spüre ich die Stücke nun auch wirklich. Das ganze Album hat seine für mich vielleicht etwas zu perfekte Machart nach diesem Abend verloren. Das Album fließt, es lässt Raum für eigene Interpretationen und fügt sich perfekt in dieses großartige Musik-Repertoire ein. 

Zwischen ihren Songs erzählt die Künstlerin aus ihrem Leben. Geschichten über Familie, Freunde und vor allem von ihrer ersten und immerwährenden Liebe Max Herre. Wer Joy Denalane bereits seit den späten 90er-Jahren begleitet hat, weiß: diese Liebe ist groß. Eine Partnerschaft voller Höhen und Tiefen – aber auf Augenhöhe. Wir dürfen alle mitleiden, uns freuen und bittere Tränen weinen. Joy Denalane zeigt uns an diesem Abend auch, dass eine Musikkarriere nicht unweigerlich mit Mitte 30 endet. Sie gibt uns – besonders uns Frauen* – Mut für uns einzustehen, unsere Träume zu verwirklichen und unseren eigenen Weg zu gehen.

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So ist dieser Abend, zwischen Stücken wie Stand vom Vorgänger-Album Let Yourself Be Loved bis hin zu Geh Jetzt vom Debüt-Album Mamani, zum Einen eine Reise zurück in die Vergangenheit,gleichermaßen ein Blick nach vorne. Rückblick auf Konzerte, die noch nicht von Handylampen beleuchtet wurden. Hier im Mojo ist dieses neue Leuchten über die Köpfe hinweg aber okay. Denn die Fans spüren die Verbindung über Generationen hinweg. Eine Verbindung, die nur kurz durch zu emotionsgeladene Fans getrübt wird, die zum Selfie-machen die Bühne erklimmen wollen. Auch dies ist Livemusik heute. Joy Denalane reagiert freundlich, aber souverän und führt die Show perfekt weiter.

Sie ist ganz Profi und doch nahbar und authentisch. Sie lässt die Menge Chorus singen, motiviert einzelne Fans den Refrain von Alles Leuchtet direkt ins Mikro zu singen. Das Publikum im ausverkauften Mojo jubelt dankbar dieser Musikerin im leuchtenden Pailletten-Anzug zu, die mit ihren Songs und einer wunderbaren Stimme seit mehr als zwei Jahrzehnten begeistert.

Joy Denalane kennt die Herausforderungen der Musikbranche und bittet die Anwesenden, physische Tonträger zu kaufen. “Auch, wenn ihr keine Abspielgeräte mehr habt, kauft CDs und Platten!” Der Appell zur Unterstützung unabhängiger Musiker*innen und  Bands ist deutlich. Gerade hat Spotify ein neues Ausschüttungsmodell angekündigt, bei dem einige Künstler*innen nun gar nichts mehr verdienen. Ein klasse Aufruf einer Majorlabel Künstlerin für mehr Awareness bei Verdienstmodellen von Musikschaffenden.

Die Musikerin und Sängerin füllt den Club unter der Reeperbahn mit ihrer unfassbaren warmen Stimme und lässt die Fans direkt an ihrer Freude erstmal im Mojo Club zu spielen teilhaben. Gemeinsam mit ihrer langjährigen Band und treuen Fans feiert sie ihre ersten Songs ebenso wie das neue Album Willpower. Sie wird an diesem Abend ihrem Titel “Queen of German Soul” mehr als gerecht und zeigt, warum ihre neuen Stücke  auf dem legendären Motown Label erschienen sind. Ein Label, auf dem bereits Stevie Wonder Diana Ross ihre Musik veröffentlicht haben und das, auch wenn inzwischen beim Majorlabel Universal zuhause, seinen Fokus auf Soul und RnB beibehalten hat.

Der Tourabschluss in Hamburg ist sicher für alle Anwesenden ein besonderer Abend. Auch wenn das Mojo für meinen Geschmack etwas zu voll war und man aus den hinteren Reihen teilweise nur schwer einen Blick auf die Bühne werfen konnte, wird dieses Konzert sicher in die Top 10 des Jahres eingehen.

Mehr über Joy Denalane erfahrt ihr auf ihrer Webseite, bei Instagram oder Youtube.

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Fotocredit: by Caro Schwarz von ganz weit hinten aus dem ausverkauften Mojo Club.