Elbjazz 2022: zwei Tage Livemusik im schönsten Sonnenschein am Hamburger Hafen. Den zahlreichen Besucher wurde viel geboten. Es zeigte sich rückblickend auch, dass das erste Festival am Hamburger Hafen nach zwei Jahren Pause nicht jeden mitgerissen hat.
Bei wunderschönstem Sonnenschein, startete das ELBJAZZ am Freitag, den 03. Juni wieder auf dem Gelände der Schiffswerft Blohm + Voss. Nach der Überfahrt mit der Barkasse am frühen Abend startete wir zu den Klängen von Jazzanova auf der Hauptbühne. Der erste Gang über das Gelänge zeigte viele bekannte Ecken. Auch nach zwei Jahre blieben sich die Veranstalter beim Aufbau treu, was die Orientierung erleichterte.
Vereinzelt waren die Folgen der Pandemie dennoch spürbar. So fehlte der netten Tanqueray-Stand und auch bei dem Kaffee-Angebot schien es einen Wechsel gegeben zu haben, der schwer im Magen lag. Das Angebot an Speisen hingegen war gewachsen. Von Pizza, über Poké Bowl bis zu frischen Austern wurde alles geboten. Teilweise hatte man das Gefühl, die Besucher seien eher für ein gemeinsames Glas Wein auf die andere Elbseite gewechselt. Das Musikprogramm schien hier eher Nebensache zu sein. Doch auch wir stellten bald fest, dass 2022 das Lineup eher auf bunt gemischt, als auf aufregend und neu zusammengestellt war. Echte Highlight waren diesmal selten und so fiel das spontane Entdecken von neuen Acts aus.
Der Auftritt von Thomas D mit dem Hamburger Band The KBCS zählte zu einem der Highlights des ersten Tages. Wunderbar zu sehen, wie alle Beteiligten auf der Bühne unfassbar viel Spaß hatten und das Publikum bei jedem Song eine wenig mehr aus sich herausging. Ähnlich war es auch beim Auftritt der niederländischen Band YIN YIN am zweiten Tag. Die Musiker brauchten zwar ein klein wenig länger, um richtig loszulegen, dann waren sie aber auch voll da und schafften es die Menge zu bewegen. Mit individuellen Kostümen und an die 70´s angelehntem Sound, entführten sie die Gäste zu einem wilden Mix aus Funk, Rock und Jazz.
Ähnlich experimentell ging es beim Berliner Trio Bobby Rausch zu. Es machte Freude zu sehen, wie live auf der Bühne die Genres durch Effekte miteinander verschmolzen. Leider hatte man hier, wie auch bei der US Combo Ranky Tanky das Gefühl, dass das Publikum von der ungewohnten Energie von der Bühne nach über 24 Monaten Stillstand im kulturellen Bereich, ein wenig überfordert war. Die Menge zeigte oft zu wenig Emotionen, ging nicht mit oder aus sich heraus. Ähnlich der Darbietung in einem klassischen Theater wurde zum Ende der Stücke geklatscht, ab und an jedoch ein ausgezeichnetes Solo nicht gebührend gefeiert.
Acts wie Brite Myles Sanko, oder die Amerikanerin Judi Jackson wussten ihr Publikum schon eher anzusprechen. Mit einer wohl dosierten Portion Soul in Pop konnten beide zur Primetime sicher neue Fans gewinnen. Ob es nun am bereits vorhandenen Bekanntheitsgrad lag, oder an der Darbietung bleibt offen, den Gästen gefiel es.
Abschließend bliebt zu sagen: Der Sound war durchgehend gut. Auch die farbenfrohen Lichtprojektionen und die Bühnenbeleuchtung waren erneut wunderbar anzuschauen und machten das Gelände mit den Kähnen wieder zu einem besonderen Ort. Die fehlenden Schlangen durch die Unisex Toiletten wurden leider durch lange Schlangen an den Getränkeständen wieder ausgeglichen. Empfehlung wäre eine extra Stelle für die Becherrückgabe.
In diesem Jahr fiel der Besuch der weiteren Spielortem wie der Elbphilarmonie und der St. Katharinen Kirche aus Zeitmangel leider aus. Das Programm auf der Werftgelände war jedoch nicht übermäßig spannend und besonders der tiefere Blick auf auf die Bands und Künstler:innen lässt noch Fragen offen. Denn scheinbar hat auch dieses Festival wenig Diversität im Lineup. Das wundert gerade bei einem Festival rund um den Jazz, der sich derzeit als anderen Genres offen, jung und vielfältig präsentiert. Wir werden dies auch mit Blick auf die weiteren gerade stattfindenden Festivals nochmal beleuchten.
Fotocredit: Fotos by MUSICSPOTS