„Manchmal muss es laut sein und das ist gut“, ist mein erster Gedanke, als das Duo Ikan Hyu an diesem Abend mit ihrem Set startet. Ein Konzert innerhalb der _space nights* einer FLINTA* Reihe im Häkken in Hamburg, das es in sich hatte.
Mittwoch, 11. November 2024, ein Abend, der aufgrund der politischen Meldungen aus den USA und später auch aus Berlin immer wieder seine Unbeschwertheit verliert. Gleichzeitig zeigt sich, wie gut es ist, Orte des Austauschs zu haben. So wird sich zwischen den Sets immer wieder vertraulich über das aktuelle Geschehen ausgetauscht und Mut zugesprochen. Das tut gut.
Bevor es richtig losgeht, ertönt über die Boxen eine Ansage über die Veranstaltung. Wir erfahren Details über das Awareness-Konzept, wer die Ansprechperson im Raum ist, wenn wir uns nicht wohlfühlen und wo wir uns über weitere Anlaufstellen und Institutionen informieren können. Im hinteren Bereich des Clubs, wo sich auch der Merch-Stand befindet, ist ein Tisch mit Flyern aufgebaut. Vieles ist mir inzwischen vertraut und anderen geht es ebenso. Leider erblicke ich aus dem Augenwinkel zwei Personen, die die Ansage scheinbar lustig finden und durch Gesten ins Lächerliche ziehen. Mir fällt direkt Song of Consent von Mina Richman ein. Wie lange müssen wir uns noch erklären? An diesem Abend zögere ich zu lange, um die beiden anzusprechen. Der Abend geht los.
Den Auftakt des Abends macht Lioba im Duo mit der Produzentin und Musikerin-Kollegin Mona M aka Mona Reichling. Zwischen sanftem Pop und tiefem Elektrosound zieht sie uns direkt in ihren Bann. Mit ihrer unglaublich starken Stimme schafft sie Nähe und Vertrautheit. Als Hamburgerin kenne ich Lioba natürlich und habe ihren Weg immer wieder verfolgt. Live ist ihre Darbietung noch beeindruckender. Ich mag das neue Album Magnolia, das im Februar erschienen ist. Anspieltipp von meiner Seite ist das Stück Smile.
Als nach einer kurzen Pause Ikan Hyu die Bühne betritt, ist schnell klar, dass die Entscheidung, zum Tagesende noch auf ein Konzert zu gehen, richtig war. Das Duo ist laut und gibt mir direkt den Energiestoß, den ich brauche. Durch die politischen Ereignisse zwischen Wut und Ohnmacht schwankend, lasse ich mich in den elektronisch-rockigen Sound fallen.
“Die sind gut“, kommt mir unvermittelt nach einem “die sind laut” zu Beginn in den Kopf. Ein Sound, wie von einer ganzen Band. Das halbakustische Drum-Set von Hannah scheint auf den ersten Blick das Set zu dominieren. Doch im Laufe des Auftritts tritt auch die Flying V von Anisa mehr und mehr in den Vordergrund. Zum Ende hin, hängt sie sich auch noch lässig ein Keyboard um, setzt es wieder ab und begibt sich für ein Solo in die Menge. Das zwischen ihnen stehende Drumset wird wechselseitig bedient. Der “Oktopus-Style ist perfekt umgesetzt.
Das Duo ist krass. Sie bilden wirklich eine Einheit, die scheinbar nur auf kurze Blickkontakte und lange Zusammenarbeit
aufgebaut ist. Es macht Spass den beiden zuzusehen, sich zu ihrer Musik zu bewegen und den Abend in der Menge zu genießen. Auch das Publikum binden Ikan Hyu aktiv ein. Zu Walkie Talkie werden wir zu einer Tanzperformance animiert, die mit den Handbewegungen ein fast entspanntes Lachen hervorruft. Es ist beeindruckend zu sehen, wie diese beiden Musikerinnen ihr Set zusammengestellt haben. Es ist Rock mit ElektroPop und besticht durch wilde, aber gut durchdachte Kompositionen. Mit ihrem Debütalbum ❁ OASIS ❁ haben sie bereits 2023 große Bekanntheit erlangt. Zur Europa-Tour kommt noch eine Kollaboration von Impala mit Youtube hinzu, die sie auf die Liste der ‘100 Artists to Watch 2024’ katapultiert hat.
Ikan Hyu live 2024
Die aktuelle EP ‘CATCH ME IF YOU CAN’ von Ikan Hyu ist ein würdiger Nachfolger. Sie fängt mit dem Titeltrack laut an und endet mit towers fast sanft und versöhnlich. Hört mal rein. Bis zum 14.11. sind Ikan Hyu noch auf Tour.
11.11. @cafevlese Prag
12.11. @kulturzentrum_engelsburg Erfurt // Support: @rathmann.rathmann
13.11. @kulturzentrumfaust Hannover // Support: @rathmann.rathmann
14.11. @kulturclub_schon_schoen Mainz
Auch wenn das Häkken eigentlich nicht zu meinen favorisierten Clubs in Hamburg gehört, so ist dieser Club heute der passende Ort, um ein Wir-Gefühl zu kreieren. Mir fehlt hier oft ein echtes Club-Feeling mit Gemütlichkeit durch Holz statt Beton und ein wenig Patina, die von vergangenen Ereignissen erzählt. An diesem Abend passt aber alles. Gute Musik und ein guter Austausch mit neuen und bekannten Gesichtern. Ich glaube, neben dem Fakt, dass ich eine neue Band entdeckt habe, macht dieser Abend wirklich Lust auf die kommenden Veranstaltungen im Rahmen der _Space Nights* Reihe.
06.11.24: IKAN HYU
20.11.24: JnnrHndrxx
24.11.24: Becky Sikasa
05.12.24: LEEPA
08.12.24: To Athena – Support: Roosmarijn
Fotocredit: Caro Schwarz für MUSICSPOTS