Mahalia – das ist ehrlicher, verletzlicher, zeitgenössischer R&B gemixt mit amerikanischen Neo-Soul-Einflüssen. Im Rahmen ihrer IRL (In Real Life) Tour spielte sie im Gebäude 9 in Köln. Laura Reichhart war für MUSICSPOTS vor Ort.
Mahalia Burkmar beginnt schon früh mit dem Schreiben eigener Songs. Mit nur 13 Jahren wird sie von einem Major Label unter Vertrag genommen. Es folgen mehrere Singles, EPs, zwei Alben und eine Tour durch Nordamerika und Europa. Heute gehört die Singer- Songwriterin zu den besten Sänger*innen der aktuellen R&B-Szene. Schon mit ihrem Debütalbum „Love and Compromise“ konnte Mahalia 2019 eine große Fanbase gewinnen.
Dass diese seitdem stetig wächst, merkt man auch an diesem Abend im Gebäude 9 in Köln. Das Konzert ist ausverkauft und der kleine Ballsaal mit glitzernder Discokugel und antikem Kronleuchter ist gefüllt mit Menschen, die diverser nicht sein könnten. Die Kleidung, das Geschlecht, das Alter – es scheint, dass all das hier gar keine Rolle spielt, wir sind eine Gemeinschaft, die nur hier ist wegen der Musik – Mahalias Musik, die vereint und für eben genau diese Vielfalt steht. Dieses Gefühl kommt bei mir schon vor Beginn der Show auf. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich.
R&B Support bringt 2000er zurück
Plötzlich geht das große Licht im Saal aus und die Scheinwerfer an. Die vier Jungs der R&B Band No Guidnce betreten als Support Act die Bühne. Wie eine Boy Band Konstellation aus den 90ern tragen alle farblich aufeinander abgestimmte Kleidung und sind mit den besten Moves ausgestattet, die – wie sollte es auch anders sein – absolut synchron ablaufen. Neben eigenen Songs wie “Is It A Crime?”, ein samtig-weicher R&B-Track der alten Schule, der vor Harmonien nur so trieft, performen No Guidnce auch R&B Cover wie “Let Me Love You” von Mario oder “So Sick” von Ne-Yo. Die Menge ist am Ausrasten und vor allem am Mitsingen: “You Should Let Me Love You, Let Me Be The One To…”. Die 2000er sind zurück. Mehr R&B geht nicht. Schade dennoch, dass keine weiteren eigenen Songs gespielt wurden, da sich Zeekay, Josh, Ebubé and Kaci definitiv nicht hinter Coversongs verstecken müssen.
Nach der vollen Ladung Boyband-R&B ist das Publikum mehr als eingestimmt auf den Hauptact Mahalia. Nach einer längeren Umbauphase auf der Bühne und 20 Minuten lang von einem auf den anderen Fuß treten, erlischt plötzlich das Licht und die große Tür rechts vom Bühneneingang öffnet sich. Unter Applaus tritt Mahalia auf die kleine Bühne im Gebäude 9, die mittlerweile in rotes Scheinwerferlicht getaucht ist. Passend zum Cover ihres neuen Albums “IRL” trägt die Britin einen schwarz-roten Tüllrock und ein schwarzes Bandeau-Top. Natürlich ohne BH, was der Sängerin auch wichtig zu erwähnen ist: “My suggestion is as always, that you don’t have to wear a bra”. Die Menge jubelt. Seit Beginn ihrer Karriere setzt sich Mahalia für Body Positivity und Frauenrechte ein.
Dann geht es los. In ihrem Blick ist zu erkennen: Sie ist da, sie ist ready! Die Technik leider nicht – ihre Stimme klingt so leise, dass sie kaum zu hören ist. Erst beim dritten Song Isn’t It Strange ändert sich die Lautstärke. Mahalia performt an dem Abend auch Songs mit Features wie Cheat zusammen mit JoJo. Eine Hymne für alle, die schon einmal betrogen worden sind. JoJo`s Stimme wird als Playback über die großen schwarzen Lautsprecher ausgespielt. Mahalia tanzt dazu. Leider verschwindet durch das Playback die Dynamik und Kraft, die der Song eigentlich auf der Platte ausstrahlt. Features spielen – gerne, wenn der oder die Künstler*in selbst vor Ort ist und singt oder das Stück neu arrangiert wird. Ansonsten, finde ich, wirkt der Hauptact etwas verloren und alleine auf der Bühne.
Die Magie liegt in ihrer Authentizität
Eins wird sofort klar: Mahalia Burkmar ist nicht nur wahnsinnig talentiert, sondern sie legt auch so viel Wärme in ihre Performance. Zwischen den Liedern erzählt sie persönliche Anekdoten und wirkt dabei total authentisch. Eine Person “In Real Life”mit echten Gefühlen. Sie erzählt, wie das Intro Ready auf ihrem neuen Album “IRL” entstanden ist und gibt ganz offen zu: „It was horrendous, I almost felt like I lost my thing, like I lost the ability to write music”. Die UK-Sängerin war zu Beginn der Albumarbeiten in einer tiefen Kreativitätskrise, aus der sie zum Glück wieder herausgefunden hat. Jetzt sei sie “ready” für alles, was kommt. Das Publikum hängt gespannt an ihren Lippen. Mit ihren gerade mal 25 Jahren spricht sie während des Konzerts frei und offen über Probleme in ihrem Leben, ihre Therapiesitzungen, von Beziehungsproblemen bis hin zum Scheitern von Freundschaften. Neben deep talks und Musik, die unter die Haut gehen und auch bei mir die ein oder andere Träne fließen lässt, wird ausgelassen zu Songs wie Simmer und Sober – als Jarreau Vandal Version – getanzt.
Vielleicht kennen einige das Gefühl: Du gehst auf ein Konzert deines Lieblingsartists, freust dich auf alte Banger und es werden nur die neuen Songs gespielt. Mies. Vor allem dann, wenn die alten Alben meistens die besten sind. Dieses Gefühl scheint Mahalia als Musikfan selbst vertraut zu sein. „There’s nothing worse than going to see your favorite artist and they only play their new album, right?“ sagt sie und verspricht, an diesem Abend auch ihre älteren Hits zu spielen. Es folgen Letter To Your Ex, Do Not Disturb und viele weitere. Ein Highlight ist definitiv der Track Grateful, – eine Ode an die Liebe, bei dem sie selbst zur E-Gitarre greift. Mit dem Publikum kreiert Mahalia immer wieder Call-Response-Momente. Alle sind dabei textsicher.
Mahalia greift auf alte Banger zurück
Mit diesen herzlichen Worten, „Love you all, i see you soon”, verabschiedet sich Mahalia von ihrem Publikum und verlässt die Bühne. Die Lichter gehen aus und die Show ist vorbei. Zurück bleibt ein besonderes Gefühl: Als hätte man den Abend mit einer guten Freundin verbracht, die dich zum Lachen bringt, Break Up-Geschichten aus ihrem Leben erzählt und dir durch jeden Herzschmerz hilft.
Nach Auftritten in UK, Frankreich, Belgien und den Niederlanden also ein Stopp in Köln. Für jedes Konzert bereitet die Singer-Songwriterin persönlichen Merch in Form eines bunten Friendship Bracelets für ihre Fans vor. Ich gehöre nicht zu der Art Fan, der nach jedem Konzert zum Merch-Stand rennen muss, um sich den neuesten einfarbigen Sweater mit Aufdruck zu kaufen. Mahalias Idee eines selbstgeknüpften Friendship Bracelets hat mir jedoch gut gefallen und ich musste mir vor Ort – natürlich – auch eines kaufen. Und ja, sie knüpft sie wirklich selbst!
Mahalia ist eine von uns
In ihrer Musik mixt Mahalia mühelos britischen Soul, amerikanischen Neo Soul und zeitgenössischen R&B zu einem berauschend guten Musik-Cocktail. Mahalia Burkmar ist nicht nur gesanglich sehr talentiert, sondern sie legt auch viel Wärme in ihre Performance. Im Gegensatz zu vielen anderen Singer-Songwriter*innen aus ihrer Branche zeigt sie sich äußerst nahbar und persönlich. Sie sucht stets den Kontakt zum Publikum. Die Magie ihres Auftritts liegt in ihrer Authentizität. Durch die lockeren Plaudereien über ihre Exes oder die offenen Erzählungen über Body Positivity und ihre Therapiesitzungen ist die Sängerin einfach eine von uns. Dennoch hat mir rückblickend auf das Konzert eine Kleinigkeit gefehlt: 17 – einer ihrer rein akustischen Songs von ihrer ersten EP Diary Of Me. Vielleicht war ihr der dann aber doch zu alt, um ihn zu spielen. Insgesamt aber ein sehr schönes Konzerterlebnis. I will come back!
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