Das Reeperbahn Festival 2017 vom 20. – 23. September in Hamburg hatte wieder viele tolle Künstler im Programm. Mit spannenden Talks und Workshops der Reeperbahnfestival Konferenz konnte mich das Festival auch dieses Jahr wieder überzeugen. Natürlich konnten nicht alle vorgemerktem Konzerte und Konferenzen mitgenommen werden, aber auch so war es ein grossartiges Event.
Der perfekte Start war diesmal das Get-Together des Verbandes unabhängiger Musikunternehmen (VUT) im Schmittchen. Das Treffen kleiner unabhängiger Labels erwies sich als echter Netzwerktreff. Ob man sich zuvor nur via Mail ausgetauscht hatte oder bereits in den vergangen Jahren persönlich getroffen hat, hier wurde entspannt in das Festival gestartet.
Kommende Neuerscheinungen wurden ebenso ausgetauscht, wie Tipps zu Konzerten auf der Reeperbahn und Trends im Musikbusiness. Ich habe direkt ein paar Neuentdeckungen auf meiner Liste, durch die ich mich in den kommenden Tagen hindurchhören werde, wie das neue Album von Robot, nachdem mich das aktuelle Video Bones begeistert hat.
Neu und noch größer
Auch in diesem Jahr gab es wieder viele neue Locations und Acts rund um die Reeperbahn zu entdecken. An der neuen Festival Village auf dem Heiligengeistfeld, kam keiner vorbei. Direkt neben dem Ticketcounter-Zelt wurden auf einer eigenen Fläche noch mal Künstler und Kurzfilme und Panels angeboten. Ob sich das Gelände abseits der eigentlichen Meile wirklich bewährt hat, wird sich zeigen. Die langen Schlangen und der erste Einlass-Stopp für Lotte am Festival-Mittwoch bewiesen: Das Reeperbahnfestival kann die Ausweitung des Geländes durchaus vertragen.
„Home is where your fridge is“
Traditioneller musikalischer Start des Festivals war wieder Ray´s Reeperbahnrevue. Ein Klassiker, der nicht nur die Lachmuskeln strapazierte, sondern auch an die alten MTV Zeiten erinnerte. Man kam wie gewohnt in den Genuss der ersten Live Acts. Die lockere Atmosphäre in den Interviews ließ bei manchem Act im Interview tief blicken. Alice Merton festigte mit ihrer Aussage „Home is where your fridge is“ nochmal die musikalische Aussage ihres Hits No Roots. Faber überzeugt nicht nur durch seine markante Stimme und Texte am Rande des Jugendschutzes. Ehrliche Antworten gab es auch im deutsch-englisch-französischen Interview. Crowdfunding für das erste Album macht man natürlich, weil man die Kohle braucht. Auch so kann eine Musikerkarriere starten. Und ebenso ehrlich ging es auf dem Festival weiter.
Die kleinste Bühne für große Stars
Beim N-Joy Reeperbus hallten wieder kurze Sets kleiner und großer Bands über das Gelände. Ein erster Soundcheck für alle, die noch unentschlossen waren. Das Set von Adam Naas fand ich persönlich nicht so gut. Das Konzert am Abend habe ich daher von meiner Liste genommen. Leider überzeugte der französische R´n`B Sänger trotz toller Single Fade Away nicht wirklich. Zu eintönig waren die drei Songs, die er von der kleinen Freiluftbühnen darbot.
Business und Preise für Startups
Mittwoch war zusätzlich auch der Tag der Startups. Im Gruenspan, am Ende der Großen Freiheit, pitchten die fünf Finalisten um den Startups@Reeperbahn-Preis. Zu gewinnen gab es den WELT Mediapreis, ein Mediabudget in Höhe von 100.000 €. Spannend, mitten in dem doch recht lockeren Umfeld des Musikfestivals, die engagierten Jungunternehmer im Businesslook antreten zu sehen. Hochkarätige Präsentationen überzeugten mit zukunftsweisenden Ideen. Überzeugt hat die Jury das Team von Inspirient mit ihrem Tool zur Datenanalyse. Glückwunsch zum Preis und danke an das Team von Hamburg Startups, das wieder mal einen tollen Einblick in die Startup-Welt im Rahmen des Reeperbahnfestivals ermöglicht hat. Doch zurück zur Musik, denn der erste Abend hatte ja gerade erst begonnen.
HipHop Beats im Mojo
Ein wenig enttäuschend war leider das Set von Suff Daddy. Mit Drummer und Keyboarder angereist, bot Suff Daddy Stücke von damals und heute. Keine Ahnung, was ich mehr erwartet hatte, aber so wirklich überspringen wollte der Funke nicht. Dabei ist das Mojo, unter der Reeperbahn, in den vergangenen Jahren meine Garantie für coole Konzerte und auch ein paar tollen Neuentdeckungen gewesen. Verpasst habe ich leider hier das Hypnotic Brass Ensemble, aber das Programm war so vielfältig, da kann man nicht alles sehen.
We want the funk back
Absolutes Highlight des ersten Tages war, wie erwartet, der Auftritt von Turtle Bay Country Club. Mehr als ein Konzert oder eine mit Musik unterlegte Kochshow. Wer das erwartet hat, wurde sicher enttäuscht. Frisch und heiß wurde Soulfood für die Ohren präsentiert. Sitzenbleiben war nicht lange möglich. Zur später Stunde im Schmittchen galt es die Hüfte zu schwingen Dub, Jazz und Reggae mischten sich, während Stevan Paul rhythmisch wippend seine Zutaten brutzelte und sogar Popcorn tongenau aus demTopf sprang. Im ersten Teil ertönte direkt eine tolle Dub-Version von Tainted Love, mittendrin meinte ich Facetten von Smetanas Moldau herauszuhören und am Ende kam Tony Cook hinter den Drums hervor für The Business in Music. Einfach großartig.
Wer die außergewöhnliche Performance von und mit Matthias Arfmann, Sängerin Onejiru, Drummer Tony Cook, den Komponisten Milan East und Peter Imig mit Koch Stevan Paul verpasst hat, kann sich das Live-Video vom Reeperbahnfestival noch mal anschauen. Erwartet aber nicht eine ebenso unfassbar tolle Stimmung im Wohnzimmer. Die eineinhalb stündige Klangexplosion, bei der am Ende die frisch zubereiteten Häppchen durch das Publikum gereicht wurden, gab es nur live im Schmittchen. Respekt an alle Beteiligten auf und hinter der Bühne. Hoffe Turtle Bay Country Club kommt bald wieder auf die Bühne.
Nach so vielen schönen Eindrücken hatten es die folgenden Tage wirklich schwer, sie waren anders, aber fast ebenso schön. Mehr in den nächsten Tagen im Rückblick Teil 2: Soul, Pop & Rock und im Teil 3: Diversity & Networking.
Was waren eure besten Erlebnisse auf dem Reeperbahnfestival 2017? Der Termin für 2018 steht bereits fest: vom 19. – 22.09.2018 ist es wieder soweit und auch der Verkauf der Early Bird Tickets ist schon gestartet.
Fotocredit: private by Musicspots