Hamburg feiert HipHop in der vollen Hebebühne. Eingeladen hat an diesem Abend die Rapperin Marie Curry zum Release ihres Albums Cameo. Ein Blick von der Seite auf die Bühne und in die feiernde Menge.
Ich gebe offen zu: Ich hab dem HipHop viel zu lange den Rücken zugekehrt. Doch bei guten Beats und anspruchsvollen Texten, bewegt sich mein Körper immer noch automatisch zur Tanzfläche hin. So auch an diesem Abend. Bereits das Set von DJ Lenki Balboa zum Warm-Up war perfekt, um die steifen Knochen nach dem langen Winter zu lockern.
Als im Sommer 2023 das erste Stücke von Cameo erschienen ist, war ich direkt begeistert. Um den Block, macht direkt Bilder im Kopf auf und lässt an vergangene Zeiten denken. Ab und an leicht nostalgisch angehaucht, geht dieser Song jedoch nach vorne und zeigt vor allem eins: female* HipHop ist da, wo er hingehört: auf die Bühne.
Dieser Abend ist sowas wie ein Testlauf vor dem geplanten Sprung auf die großen Bühnen im April. Gemeinsam mit ihrem Label Audiolith hat die Rapperin zur Besten-Freunde-Release-Party eingeladen. Zwischen den neuen Stücken wird immer wieder die Zeitmaschine angeschmissen. Die Hits von Neonschwarz sind auch nach 10 Jahren noch aktuell. Man muss fast “leider” sagen, wenn man den Zeilen zu Unser Haus lauscht und die Aktualität bemerkt. HipHop war schon immer politisch und hat dazu aufgerufen Missstände in Politik und Gesellschaft zu beseitigen. Auf Cameo geht es um Umweltschutz (Orcas) oder auch den Appell nach mehr Solidität (Schlafes Schwester). Das ist gut so.
Marie Curry – Selbstbestimmt und gesellschaftskritisch
Es wird begeistert gesungen, gesprungen und die Hände gehoben. Man schaut in glückliche Gesichter während man sich zur Bar durchzwängt. Fans fallen sich unvermittelt in die Arme und an der Bar ist oft kaum zu unterscheiden, ob es ein zustimmendes Nicken zur Bestellung oder zum Beat ist. So klingt Begeisterung 2024!
Unter den Fans ist an diesem Abend auch Anke vom Nimmst Du mich mit? Konzert-Tipp-Instagram-Kanal. Wir freuen uns ihren Eindruck vom Konzert mit euch zu teilen: “Wer in Zeiten von Schwere und Verzweiflung einen Rückzugsort voll Mut und Zuversicht benötigt, der so wohltuend mitreißend und herzerwärmend ist, dass man kaum genug davon bekommen kann darf sich ein Konzert von Marie Curry nun wirklich nicht entgehen lassen. Kluge und starke Texte entführen in Abgründe. Neustarts suchen voller Sehnsucht nach Sinn und Verstand und der eigenen Haltung. Sie sind emotional und gefühlvoll und dank einer unglaublich herzlichen Künstlerin eben auch voll Witz und Wärme. Nach solch einem wirklich grandiosen Solo-Auftakt am vergangenen Samstag sollte ihre Tour im April definitiv als Pflichttermin in euren Kalendern stehen!”
Mein Fazit fällt ähnlich aus: Auf den Punkt mit tighten Beats und knackigen Texten kommt Cameo auf Vinyl und auf der Bühne daher. Mit nur 28 Minuten Spielzeit ist der Longplayer eher kurz. Die neun Stücke sind aber gut gemacht und machen live Spaß. Eine Eigenproduktion, die mit nur einem Feature auskommt. Selten im HipHop heutzutage. Orcas gehört auf jeden Fall zu meinen Favoriten. Wenn auch die Premiere an diesem Abend mit Millli Dance etwas hölzern klingt, so grooved der Beat es ordentlich. Ebenso zeigen die Gastauftritte von Captain Gips und Spion Ypsilon, wie stark die Rapperin auch auf ihrem Solopfad unterstützt wird.
Alles in allem eine runde Sache in knallig-orangem Vinyl, oder? Bleibt nur anzumerken, dass wir uns natürlich gewünscht hätten, bei dieser Produktion mehr Namen von Flinta-Personen zu lesen. Denn immer noch ist das Genre HipHop sehr männlich geprägt und es wäre schön auch in den zweiten und dritten Reihen mehr Vielfalt zu sehen.
Das soll aber den Genuss an dem Album und das Lob an Marie Curry nicht völlig schmälern. Hier läuft das Album auf Repeat und ich empfehle allen sich fix Karten für die Tour zu kaufen.
