Am 01. Oktober erschien das neue Album Les Chutes von Nicolas Michaux. Auf seinem dritten Studioalbum finden bisher unveröffentlichte Aufnahmen und alternative Songversionen aus den letzten vier Jahren ihren Platz. Dabei bleibt er seinem gewohnt melancholischen Stil treu und liefert die passenden Klänge für regnerische Herbsttage.
Französischer Chanson trifft auf amerikanischen Singer-Songwriter Rock
Der Singer-Songwriter und Musikproduzent Nicolas Michaux, geboren und aufgewachsen in Belgien, wohnt mit seiner Familie auf der dänischen Insel Samsø. Neben dem Gemüseanbau widmet er sich dort vor allem dem Schreiben und Produzieren von neuen Songs. In seiner Musik werden die Ruhe und Idylle seiner Umgebung hörbar. Er versteht es, den Charakter des französischen Chansons mit den Komponenten des Singer-Songwriter Rocks zu verbinden. So singt Michaux sowohl auf Englisch als auch Französisch und lässt die unterschiedlichen Stile der Genres in seine Musik mit einfließen.
So auch auf dem ersten Song Amusement Park, der mich von seiner musikalischen Ausgestaltung her an Serge Gainsbourg erinnert. Obwohl der Song instrumentell einer Pop-Rock Ballade ähnelt, schwingt ein melancholischer Chanson Charakter in seiner Stimme mit. Doch so warm Gitarre und Wurlitzer zusammen mit seiner Stimme erklingen, so ernst ist doch die Botschaft des Textes. Er ist voll von Themen, die Michaux am Herzen liegen: die Schönheit der Natur, die familiäre Liebe sowie die Zerstörung von Landschaften und Gemeinschaften.
Melancholische Balladen in Englisch und Französisch
Mit Weary Sailors folgt ein upbeat-lastigerer Song mit eingängiger Melodie und nachdenklichem Charakter. Die Drums wirken zu Beginn etwas deplatziert und der Song an sich wirkt stellenweise etwas fade. Der Mittelteil ist jedoch schön ausgestaltet mit Chören und tollen Akkordwechseln. Insgesamt eine solide Ballade mit einer interessanten Songgestaltung.
Der dritte Song Harvesters ist eine schöne Gitarrenballade ohne Drums, was mir sehr gut gefällt. Der Song zieht mich mit seiner Ästhetik sofort in seinen Bann, Stimme und Gitarre harmonieren sehr gelungen zusammen. Mehr davon!
Als Nächstes folgt eine Demoversion von Nos retrouvailles. Der Song ist auf Französisch geschrieben und fügt sich soundtechnisch gelungen in die Reihe der melancholischen Songs ein. Auch Inaugiration ist ein französischer Song und beinhaltet zum ersten Mal ein elektronisches Soundesign. Mich erinnert es vom Klang her an den Besuch einer Kirmes und ist für mich die bisher schwächste Nummer.
Solide Live-Versionen des Vorgängeralbums „Amour Colère“
Auf die melancholischen Balladen folgen nun drei Live-Aufnahmen die den akustischen Charakter des Albums etwas aufbrechen. Die Songs sind bereits auf dem Vorgängeralbum Amour Colère vorhanden. Für die Live-Versionen holte sich Michaux Unterstützung von The Soldiers of Love. Mir gefallen die Live-Versionen der Tracks besser als die Studioversionen, da sie so einen lebendigeren Charakter erhalten.
Den Anfang macht Amour colère, eine langsame und unaufgeregte Instrumentalnummer. Anschließend folgt Parrot, eine funky 80s– Nummer, die mich vom Gesangsstil etwas an David Bowie erinnert. Der Song ist klanglich definitiv eine Abwechslung, meiner Meinung nach aber eine etwas halbgarer Song.
Die letzte Live-Nummer ist Enemies, für mich der beste Livetrack. Zwar klingt die Bassline verdächtig nach Michael Jacksons Billie Jean und es wurde sich soundtechnisch und gesanglich stark an Jim Morrison und The Doors orientiert. Doch Nicolas Michaux bleibt seinem Stil treu und verleiht dem Song durch die Implementierung der einzelnen Elemente den nötigen Schwung.
Die letzten beiden Songs De la fortune und Choming Out nehmen dem Album wieder etwas Wind aus den Segeln. Hier kehrt Michaux zu dem melancholischen Stilmix aus Chanson und Rock zurück, der das Album langsam und unaufgeregt ausklingen lässt.
Fazit
Das Album Les Chutes von Nicolas Michaux fühlt sich ein bisschen an wie eine Reise durch sein musikalisches Schaffen. Die Musik lebt von einer eindrucksvollen Klangästhetik, die mich während des Hörens des Öfteren in ihren Bann gezogen hat. Ich bin ein Fan des melancholischen und lebendigen Charakters seiner Musik. Obwohl sich diese Soundästhetik in vielen Songs wiederfindet, würde ich das Album eher als Song-Compilation verstehen. Die einzelnen Tracks folgen keinem stringenten Ablauf und so hatte ich stellenweise das Gefühl, eine zusammengewürfelte Platte zu hören, was ich etwa schade fand.
Alles in allem ist Les Chutes jedoch eine solide Platte mit schönen Momenten. Sie ist eher etwas für melancholische Hörer:innen – eignet sich also perfekt für dunkle und regnerische Herbsttage. Es ist eine Platte, die in Ruhe gehört werden will. Sie lässt dabei aber auch den nötigen Raum, um die Gedanken etwas abschweifen zu lassen. Perfekt für Alle, denen der Sinn gerade nach Melancholie steht und die auch etwas schwungvolleren Tracks nicht abgeneigt sind.
Fotocredits: Mayli Sterkendries