KRACH+GETÖSE
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KRACH+GETÖSE Award 2024: Es braucht mehr Mut

Zum 16. Mal verlieh RockCity Hamburg gemeinsam mit der Haspa Musikstiftung den Nachwuchspreis KRACH+GETÖSE. Fünf neue Talente wurden von der Jury vorab ausgewählt und an diesem Abend ausgezeichnet. Andreas und Caro waren für MUSICSPOTS auf dem pinken Teppich und im Imperial Theater dabei. 

Einmal im Jahr ist das Hallo und Wie geht es besonders laut vor dem Imperial Theater in Hamburg. Denn wenn der Hamburger Musikpreis KRACH+GETÖSE verliehen wird, sind alle da. Der Großteil der Anwesenden kannte sich und es war eher wie ein jährliches Klassentreffen. Nach den ersten lieben Begrüßungen, leckeren Weinschorlen und frischen Brezeln, ging es in das plüschig rote Theater auf unsere Plätze.

Eröffnet wurde die Show gekonnt mit viel Charme und Witz, wie in den vergangenen Jahren, wieder von Didine van der Platenvlotbrug. Nach den ersten Worten betrat Malonda als zweite Moderatorin in einer wunderschönen Robe die Bühne. Zum Start gab sie ihren Song Hedi Lamar zum Besten. Was für eine Kraft, Stimmgewalt und Energy gepaart mit einem intensiven queer-feministischem Text. Ein Stück über eine Schauspielerin und Erfinderin, die für ihre Erfindungen kaum geehrt wurde und heite noch in Handys verwendet wird. Der Song ist eine absolute Hörempfehlung, so wie  alles von und mit Malonda.

Für mehr Mut & Diversität

Didine und Malonda, was für eine Power-Kombination auf der Bühne, die wir nächstes Jahr auf jeden Fall wiedersehen möchten. Bei jedem KRACH+GETÖSE Award steht ein Motto im Hintergrund, das sich in der Auswahl der Nominierten, der Jury und der Show selbst widerspiegelt. Dieses Jahr war es wieder Diversität, aber auch gerade in diesen Zeiten der Mut. Der Mut, anders zu sein und vor allem der Mut, dies auch in Texten und auf der Bühne auszuleben, erklärte uns Andrea Rothaug (Geschäftsführung RockCity Hamburg e.V.). Sich nicht von der Musikindustrie verbiegen zu lassen, nur damit man mainstream wird, gehört dazu. Aber auch die Verantwortung, die man hat, wenn man auf der Bühne steht, denn diese sollte auch genutzt werden, um laut zu sein, politisch zu sein und eben anders zu sein. Zusammen in einer Community der Marginalisierten, die sich nicht bekämpft, sondern liebt und unterstützt. Wahre und gut gewählte Worte, die heute vielleicht wichtiger denn je sind. 

Diese Unterstützung ist auch das, was die Preistragenden erwartet. Neben 1200€ Preisgeld, gibt es ein maßgeschneidertes Mentoring Programm und natürlich die heiß begehrten Slots auf den Bühnen. Den Künstler*innen soll der Rücken gestärkt werden. Sie sollen professionell erfolgreich werden, sich trauen, gegen alle Diskriminierungen aufzustehen und nicht nach dem Markt schielen zu müssen. Erstmals ist im Coaching auch ein Programm für Mental Health mit dabei. 

128 Acts haben sich um den begehrten Preis beworben. 22 Finalist*innen wurden ausgewählt. Die Jury musste sich für 5 entscheiden. Unter den Finalist*innen waren auch unsere Favorit*innen: Migati, Betti Kruse, Charlotte Green, Khalil Kry, Luna and the fathers. Leider hat niemand davon einen der Preise erhalten. Doch die Entscheidung der Jury begeistert uns umso mehr. Sicher ist nicht jeder Person in der Jury die Wahl leicht gefallen. Aber jedes Jurymitglied durfte einen Preistragenden mit herrlich individuellen, persönlichen Clips ankündigen und die Begründung, warum die Wahl gerade auf diese Künstler*innen gefallen ist, erläutern.

Die KRACH+GETÖSE Auszeichnungen 2024 gehen an

Neben dem Jubel für die in diesem Jahr ausgezeichneten, waren die Highlights die Livemusik-Auftritte. Begonnen mit der Showband Danube´s Banks und Malonda, war der Auftritt von LIE NING einer der Höhepunkte des Abends. Der Musiker hatte den Text zu seinem Song Sweatshop kurzfristig geändert und an den Ausgang der Europawahl angepasst. Das passte perfekt zum Thema des Abends. Da ist es das Politische, das man sich auf der Bühne wünscht. Eben nicht noch ein langweiliger Song über den doofen Ex, sondern Message, Message und nochmal Message. Die Bühne nutzen, um laut gegen Diskrimierung, Rechts und Ausgrenzung zu sein.

Es braucht mehr Mut

In unserem Gespräch später auf den pinken Teppich verriet uns LIE NING, dass ihm die Auswahl in der Jury einerseits schwer gefallen sei, da er „jede einzelne Einreichung als extrem wahnsinnig toll“ empfand und gleichzeitig leicht, da die Finalist*innen nicht nur LIE NINGs persönlichen Geschmack getroffen haben. Sie haben zudem „furchtlos kommuniziert, wer sie sind, woran sie glauben und woran sie festhalten und in diesem Motiv neue Perspektiven aufgetan, die in Deutschland fehlen.“ Aus eigener Erfahrung heraus, wisse LIE NING, wie schwer es in Deutschland im Moment noch sei, in diese Räume einzutreten. Doch „umso mehr es diese Perspektiven gibt, umso schwerer wird es sein, sie zu ignorieren,“ teilte uns der Artist mit. 

Auch für die eigene Musik scheint der deutsche Markt nicht bereit zu sein. Das aktuelle sehr persönliche und sexuell offene Album Utopia, wurde leider nicht verstanden, was aus LIE NING  Sicht okay sei. Dies führe jedoch zu seiner Entscheidung zu einem Umzug in Richtung UK oder US, um dort den Markt ordentlich aufzumischen. Für die Zukunft wünscht sich LIE NING weniger Angst von deutschen Künstler*innen. „Traut euch was!“ ist die Aussage des Artist für die kommende Generation Musikschaffender.

Bevor alle Preistragende, das Moderatorinnen-Duo, die Organisatorinnen und alle Helfer*innen den Abend beendeten, trat Kim Hoss aus Stuttgart au. Herrlich skurril zeigte sie uns ihr erstes weißes Brusthaar und stellte uns eben diesem vor. Mit viel Witz und mit einer wunderschönen Stimme singt sie von kleinen Gefühlen, die wir uns hinterher alle einfangen und mitnehmen dürften. Das Gefühl, endlich wir sein zu dürfen, ohne irgendwem gefallen zu müssen. Wir sind genug, so wie wir sind. Was für eine tolle Message! Ihr merkt, wieder eine Künstlerin, die jeden Bühnenauftritt nutzt, um mit den Texten eben keine Banalitäten, sondern ernste Themen anzusprechen. Danke dafür!

Wie immer wurde im Anschluss noch mit den  Preistragenden und Gästen angestoßen und sich ausgetauscht. Malonda sieht den Preis als wichtiges Signal für Indie Artists, die sich nicht durch das, was im Mainstream abgebildet wird, sehen. „Es lohnt sich, was ihr macht, bitte macht unbedingt weiter,“ so die Sängerin, Schauspielerin und Moderatorin. „We need to penetrate those faces. We need to claim these stages.“ gab sie besonders allen mit, die nicht ausgezeichnet wurden.

Wir sind gespannt, wo wir die Preistragenden des KRACH+GETÖSE 2024 Awards demnächst live erleben dürfen. Bangerfabrique ist, so scheint es, die kommenden Wochen nur auf Tour.  Sie sind unter anderen auf dem legendären Splash Festival, beim Fushion, Popkultur Berlin und wohl auch auf dem Dockville in Hamburg anzutreffen,  so teilten sie uns mit. Wer die Newcomer mit den krassen Beats und Lines noch nicht kennt, sollte sich den neusten Track Fake Lashes anhören. „Der passt zu den dunklen Zeiten, die wir aktuell durchlaufen“, so die Band. 

Danke an die einzigartige Show, an die Auswahl der Finalist*innen und der Jury, an die Bühne, die man unkonventionellen Künstler*innen bietet. Wenn wir noch einen Wunsch äußern dürfen: Es wäre ganz großartig, wenn man die Preistragenden in einem gemeinsamen Konzert auf der Bühne erleben dürfte. Sozusagen das Konzentrat des Abends.

Fotocredit by MUSICSPOTS

Dank geht auch an dieser Stelle wieder an unsere Unterstützende der MUSICSPOTS Community via Steady. Denn mit eurem Support haben wir die Tickets erstanden, die wiederum die Arbeit von RockCity Hamburg unterstützt. Einem ehrenamtlichen Verein, der gemeinsam mit der Haspa Musikstiftung diesen wunderschönen Gala Abend für die Popmusik ausgerichtet hat.