Vom 27. bis zum 30. April fand die diesjährige jazzahead! auf dem Messegelände in Bremen statt. Ich war für knappe zwei Tage mit dabei und schildere euch hier meine Eindrücke. Allen voran gratuliere ich den Gewinnerinnen und Gewinnern des deutschen Jazzpreises 2023. Ich konnte leider nicht persönlich mit dabei sein, schaut deswegen gerne für alle Eindrücke auf ihrer Website vorbei.
Ankunft und Clubnight
Ich kam am Freitag zu Beginn der Clubnight auf das Festivalgelände. Lav So spielten und ich setzte mich in einen der zwei bestuhlten Veranstaltungssäle, um dem Act aus Norwegen zu lauschen. Anschließend folgte ich den Zuschauer*innen zum Schlachthof, einer Location außerhalb der Messehalle, die circa 2 Minuten zu Fuß entfernt liegt. Lange Schlangen bildeten sich vor der noch verschlossenen Tür und ich beschloss, zu meinem Hotel zu gehen.
Denn die Clubnight stand an, auf die ich mich sehr freute: In 30 Locations überall in der Stadt gab es den ganzen Abend Livemusik. Mega! Als ich in meinem Hotel ankam, empfing mich schon der Klang von Susanne Lundengs unverwechselbaren Violinspiel. Ich stellte fest, dass auch mein Hotel eine Spielstätte der Clubnight war. Perfekt! Ich gesellte mich also zu den Zuschauer*innen und konnte den Rest des Sets von Susanne Lundeng und ihrer Band lauschen.
Danach kam der Act Leagus auf die Bühne, ein Duo aus Norwegen, die mich von den Socken haute. Der Gitarrist hat so komplett unterschiedliche Sounds aus seiner Gitarre geholt, dass man fast vergessen hat, dass lediglich zwei Personen auf der Bühne standen. Nach 45 Minuten war das Konzert vorbei und es ging weiter zum nächsten Act. Der Drummer Silvan Strauss spielte mit Gitarrist Alex Eckert im Römer. Die Stimmung war ausgelassen und die Beiden bekamen spontanen Besuch von Saxofonist Webster. Ein krönender Abschluss des Konzertabends!
Gute Gespräche, Panels und Showcases bis in die Nacht
Am Samstag besuchte ich die Messestände in der Halle 6. Bei Kaffee kam ich mit einigen Peeps aus der Musikbranche ins Gespräch, die ich aufgrund von Corona in in zwei Jahren als Redakteurin bei MUSICSPOTS das erste Mal in Person sah. Da war wirklich toll!
Anschließend besuchte ich das erste Panel mit dem Thema „Is there a stustainable future of Jazz (in Europe)?“. Hier wurden allen voran die Geschlechterungleichheit in Europas Jazzszene thematisiert und Möglichkeiten aufgezeigt, um dagegen vorzugehen. Einen Ansatz stellt das Festival Feminajazz aus Spanien vor, bei denen über die Acts bis zu den Tontechnikerinnen alle Mitarbeitenden weiblich gelesene Personen sind. Insgesamt gilt es, die Gründe der Genderimbalance (unter anderem Vorbilder, Instrumente an Musikschulen sowie die Repräsentation von Frauen* auf Festivals) zu erkennen und zu überwinden.
Ein weiterer spannender Teil des Panels stellten Steuernachlasse und gesetzlich geregelte Überbrückungshilfen für Musiker*innen in Spanien dar, die ausschließlich von ihrer Livemusik leben. Ein System, das auch in Deutschland funktionieren könnte. Es war ein sehr interessanter Vortrag, der Lichtblicke und Impulse für eine Ausgewogen- und Zukunftssicherheit in der Jazzbranche gab.
Der zweite Vortrag war ein Interview mit dem Pianisten und Produzenten Jason Miles aus New York, bei dem Interviewer und jazzahead! Host Götz Bühler brillierte. Götz führte sehr charmant durch das Interview, während Jason Miles mit seinen zahlreichen Anekdoten für eine gute Stimmung sorgte.
Danach begannen die Showcases: Ein Act stand für 30 bis 45 Minuten auf der Bühne und zeigte einen Auszug aus seinem Repertoire. Anschließen folgte eine 15-minütige Pause, bei der das Publikum die Location wechselte, um dem nächsten Act zu lauschen.
Den Anfang machte die Brasilianerin Xênia França, die als Vorreiterin des Afrofuturismis gilt und mit ihrer Band eine bahnbrechende Show lieferte. Eine Gesangsstimme, die ihresgleichen sucht. Anschließend ging es in den Schlachthof zum Trio Malstrom aus Deutschland, die das Publikum mit ihrer Fusion aus Metal und Jazz Fusion vom Hocker haute.
Nach dem Konzert holte ich mir an den veganen Essensständen vor der Messehalle etwas zu essen. Preislich lag das Essen im Rahmen und war sehr lecker. Der Vorteil dabei: Draußen war eine große Leinwand aufgebaut, die die Live-Shows übertrug. So verpasste man keinen Act.
Der Rest der Acts, die ich mich ansah, war weltmusikalisch angehaucht, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Mein Highlight war an diesem Abend der finnische Gitarrist Jussi Reijonen, der mit seinem Orchester eine Entourage aus der ganzen Welt im Gepäck hatte. Reijonen hat im Laufe seines Lebens im mittleren Osten, der USA, Afrika und den Niederlanden gelebt. All diese Einflüsse versucht er in seiner Musik zu verbinden, was ihm absolut gelang.
Den Abschluss machte der Pianist Yessaï Karapetian, der das Publikum in die Schönheit der armenischen Jazzmusik entführte. Allen voran sind die beiden Flötisten aus dem Libanon zu erwähnen, die sehr mitreißend und beeindruckend spielten.
Fazit und Ausblick
Ich habe mich auf der diesjährigen jazzahead! sehr wohlgefühlt und habe viel mitnehmen können. Allen voran die Vielfalt der musikalischen Acts hat mir sehr gut gefallen, die durch das Konzept der Showcases kurz und bündig gehalten wurde. So konnte man sich einen Eindruck der Acts machen und bekam Lust auf mehr.
Allerdings ist mir bei den Showcase-Konzerten aufgefallen, dass einige Leute aus dem Publikum bereits nach dem vorletzten Song aufstanden, um zur nächsten Location zu gehen, um einen guten Sitzplatz zu bekommen. Spätestens nach Ende des Acts strömten fast alle Leute sofort aus dem Konzertsaal, sodass die Band sich vor sehr leer gefegten Rängen verbeugen mussten. Das hat für mich das Konzerterlebnis etwas negativ beeinflusst.
Außerdem habe ich vornehmlich älteres Publikum auf der jazzahead! gesehen, was ein bekanntes Phänomen der Jazzszene ist. Trotzdem finde ich positiv zu erwähnen, dass eine deutliche Mehrheit der jüngeren Besucher*innen Presseleute / Ausstellende waren. Das wirft ein positives Licht auf die Musikwirtschaft, da viele aufstrebende Akteur*innen auf dem Event waren und frischen Wind in die Zuschauerschaft brachten.
Natürlich kann ich nur von den beiden Tagen berichten, an denen ich vor Ort war. Dazu muss man ebenfalls sagen, dass es meine erstes Mal auf der jazzahead! war und ich beim nächsten Mal gerne alle Tage mitnehmen werden. Ich habe das Event sehr genossen und freue mich auf die jazzahead! 2024, die vom 11. bis 14. April stattfindet.
Fotocredit: Miriam Busse (privat)