Wenn man am Tag nach dem Konzert immer noch diesen einen Song im Ohr hat, war es ein guter Abend. Auch wenn Gaz Coombes den legendären Mojo Club in Hamburg nicht komplett füllen konnte, wurden die anwesenden Fans mehr als nur gut unterhalten.
Eröffnet wurde der Abend durch die Musikerin Lauringer. Die gebürtige Österreicherin ist seit über einem Jahr in Hamburg wohnhaft. Der Tourstop war somit eine Art Heimspiel für sie. Besucher:innen, die Lauringers Songs bereits kannten, durften sich über die zahlreichen neuen Stücke freuen.
Mit einem halbakustischen Solo-Set stimmte sie gut gelaunt in den Abend ein. Die persönlichen Moderationen waren gespickt von Spoilern (“ihr werdet gleich viel Spaß haben”, “es sind die nettesten Menschen überhaupt”) und zeigten die große Freude, die die Newcomerin bei diesem besonderen Toursupport verspürte.
Lauringer verkündete am Ende ihres Sets noch eine kleines Extra für alte und neue Fans: Nach dem Konzert lud sie ein, sich am Merch-Stand limitierte handgeschriebene Setlists und selbstgebackene Kekse abzuholen. Persönlicher kann Merchandise nicht sein.
Wir haben die Musikerin natürlich nach der Tour zu ihren Erlebnissen befragt und werden berichten. Mehr über Lauringer erfahrt ihr auch in unseren Artikeln hier.
Gaz Coombes entspannt und großartig
Bis zum Start des Sets von Gaz Coombes füllte sich das Mojo dann doch noch etwas. Dem ehemaligen Frontsänger der britischen Rockband Supergrass war die Freude über seinen Auftritt ebenso anzumerken wie seiner Band. Immer wieder interagierten sie miteinander. Der Blick der Zuschauenden wanderte daher gern vom Sänger weiter zur Band, mit Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard / Saxophon. Nicht zu vergessen die drei wundervollen Backgroundsängerinnen – The Roxys – die das Set vervollständigten. Der charismatische Musiker gab ihnen viel Raum und stellte sie ganz selbstverständlich immer wieder ins Rampenlicht.
Das fast zweistündige Set startet mit Needles Eye, einem Stück aus seinem 2015er Album Matador. Hieraus spielte Gaz Coombes später u.a. auch noch 20/20. Doch eigentlich ist er angereist, um dem Publikum sein viertes Studioalbum zu präsentieren. Turn The Car Around ist so großartig, dass es fast nur Hits enthält. Begonnen beim Titeltrack über Don´t Say It Is Over und Sonny The Strong entfalten viele Stücke ihre ganze Schönheit und Größe erst an diesem Abend zwischen Licht und Nebel.
Gaz Coombes hat inzwischen zwei Drittel seines Lebens auf Bühnen und in Studios verbracht. Die Zeiten waren nicht immer leicht für den charismatischen Musiker, derzeit scheint er jedoch mit sich im Reinen zu sein. Entspannt und gut gelaunt unterhält er sein Publikum und erzählt über die Entstehung der Songs und gibt Einblicke in sein familiäres Leben. Gutes Songwriting, wie es Gaz Coombes zeigt, ist immer persönlich, emotional und packend. Das ist während des Auftritts spürbar und spätestens bei der akustischen Zugabe von Matador wird dies deutlich.
Es scheint fast, als seien die Erwartungen des britischen Musikers mit dem Stattfinden des Abends und der Tour bereits erfüllt. Fast bescheiden bedankt er sich immer wieder beim Publikum für ihr Kommen. Er wertschätzt die treue Fanbase, die ihn seit Jahren über Kontinente hinweg begleitet.
Gleichermaßen wie der Sänger und seine Band waren auch die Gäste entspannt und gut gelaunt. Neben ausgelassenen Tanzeinlagen gab es ebenso andächtig stehende Paare, die mit dem Musikgenuss auch an alten Zeiten zurückdachten. Der Blick durch die Menge zeigte, dass sich hier Rock- und Britpop-Fans zusammengefunden haben, die bewusst die liebgewonnenen Gewohnheiten daheim unterbrochen haben, um für einen Abend nur den Augenblick zu genießen.
Für mich, die Gaz Coombes erstmals live erlebt hat, war dieser Abend zwar ruhiger als erwartet, aber nicht weniger gut. Ganz im Gegenteil will ich rückblickend keine Minute und keinen Song missen. Ich liebe Walk The Walk vom 2018er Album World´s Strongest Man nun noch etwas mehr. Auch bin mir nicht mehr sicher, ob ich nicht doch dem BritPop verfallen wäre, wenn Not The Only Things damals bereits erschienen wäre.
Schade ist nur, dass neben Plakaten weder Schallplatten noch weitere Merchartikel angeboten wurden. So ließ der Blick auf den kleinen Tresen manchen Fan direkt heimwärts durch die verschneite Hansestadt ziehen. Andere blieben jedoch im Club, um das Angebot zum persönlichen Treffen anzunehmen.
Insgesamt gehört dieser Abend im Mojo in Hamburg auf jeden Fall zu einem meiner bisherigen Live Musik-Highlights in 2023. Lange habe ich nicht mehr so entspannt Musik genossen. Das neue Album Turn The Car Around ist auf jeden Fall auf der Empfehlungsliste. Weil es gut ist, berührt und auch daheim Spaß macht.
Fotocredit by Jennifer Ploog
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