Beim ersten Hören des neuen Albums von Beharie musste ich mehrfach unvermittelt die Luft anhalten. Die Stücke auf When The Silence Gets Too Loud klingen teilweise so zerbrechlich, dass man die Befürchtung hat, durch eine Bewegung die Stimmung zu zerstören. Der norwegische Musiker hat mit seinem zweiten Album geschafft, was nur wenigen gelingt: sich weiterzuentwickeln und gleichzeitig treu zu bleiben.
Es gibt einige Musiker*innen und Bands, die wir seit der ersten Veröffentlichung begleiten und immer wieder über die Veröffentlichung neuer Musik berichten. Beharie gehört dazu. Es ist unfassbar schön mitzuerleben, wie der Musiker seinen Stil von RnB mit Soul zu einem New Soul entwickelt hat, der Folk, Indie und Soul vereint. Die warme Stimme von Beharie macht die Stücke wieder besonders schön.
Wer seine bisherigen Songs gehört hat, weiß, was ich meine. Mein Favorit seit Jahren ist We Never Knew von seinem Debütalbum Are You There, Boy?. Aber auf allen seinen Stücken finden sich immer wieder diese besonderen Momente, die uns berühren. So auch auf When The Silence Gets Too Loud. Der Start mit Anytime ist so sanft, dass er direkt unter die Haut geht. Ein weiterer großartiger Song ist Everybody Tells Me to Let Go. Ein Stück über das Gefühl, dass etwas nicht passt und man so sein kann, wie man ist. Das gesamte Album handelt von vielen Gefühlen, zwischenmenschlichen Beziehungen und Veränderungen. Die Instrumentierungen sind komplex, ohne zu erdrücken. Sie sind vielschichtig, voller Chöre und warmer Schlaginstrumente.
Wer Beharie bereits live erlebt hat, wird einen jungen Mann erleben dürfen, der fast schüchtern und mit unheimlich viel Fingerspitzengefühl seine Gedanken und Gefühle erzählt. In seinen neuen Stücken hört man die Entwicklung heraus. Die Musik klingt selbstbewusster, ohne aggressiv zu wirken, doch neben der wiederkehrenden Sanftheit gibt es immer wieder Passagen, die deutlich nach vorne gehen. Adore ist so ein Stück, das viel Kraft vermittelt. Auch hier geht es um intensive Gefühle, die man spüren kann.
When The Silence Gets Too Loud ist im September erschienen und perfekt für den Herbst. Die Stücke umarmen einen und lassen uns nachdenken. Wer für den gemütlichen Abend noch die passende Platte sucht, sollte zum neuen Album von Beharie greifen. Während ich diese Empfehlung schreibe, veranstaltet der Musiker sein einziges Konzert in Deutschland im Rahmen der Tour. Berlin ist sein einziger Stopp zum neuen Release. Auch 2026 ist Beharie solo und als Duo unterwegs, leider erstmal nur in Norwegen. wir hoffen aber, dass es bald weitere Termine in Deutschland gibt.
Fotocredit: Behrie live 2024 in Hamburg by Caro Schwarz
